Rückblick auf den Julitta-Gedenktag am 13. November 2021

Wie überall in unserem Land hatte uns im Vorfeld die Corona-Pandemie in Atem gehalten. Die Frage war immer wieder: „Können wir den Gottesdienst feiern oder nicht“.

Pater H. Niederschlag, Vizepostulator SAC (Pallottiner) aus Vallendar ermutigte mich und uns, dass wir den 55. Todestag von Sr. Julitta, wenn es möglich ist, feiern sollten und so haben wir im Rahmen der gegebenen Bestimmungen den Tag gemeinsam mit einem wunderbaren Gottesdienst gestaltet.

Franziskanerkirche

Auf unsere Einladung hin konnten aufgrund von Corona nicht viele von den
Julitta-Freunden den Weg nach Würzburg auf sich nehmen. Die Franziskanerkirche war dennoch unter den Corona-Bedingungen mit vielen Schwestern und auch mit Gästen gut gefüllt. Alle Verehrer/innen, die zum Julitta-Kreis gehören, haben wir in unsere Gebetsgemeinschaft eingeschlossen.

Geschmückter Altar in der Franziskanerkirche

Der Franziskaner-Konvent hatte uns sehr freundlich in ihrer Kirche aufge-nommen. Das Bild von Sr. Julitta, geschmückt mit einem Rosenstrauß, hatte vorne am Altar einen würdigen Platz bekommen. Herzlich bedanken wir uns für die Gastfreundschaft der Franziskaner, zu denen wir einen sehr guten Kontakt haben.

Bild von Sr. Julitta

Generaloberin Sr. Monika Edinger

Zu Beginn des Gottesdienstes begrüßte Generaloberin Sr. Monika Edinger die Gemeinde, besonders Pater Niederschlag, Pfarrer Vollmuth, Pater Josef Fischer OFM conv., und alle Gäste und Schwestern, die Sr. Julitta verehren und auf ihr Fürbittgebet vertrauen.

Priester am Altar

Alle, die zum Gottesdienst gekommen waren, haben wieder miterlebt, wie begeistert Pater Niederschlag versucht, die anspruchsvolle Spiritualität von Sr. Julitta in einer einfachen Sprache zu vermitteln. Aus dem reichen Glaubens-schatz von Sr. Julitta hatte er uns viele praktische Anregungen für den Alltag und für unser Glaubensleben gegeben.

 

Predigt von Pater Niederschlag:

„Wir dürfen uns glücklich schätzen, in Sr. Julitta eine Frau zu kennen, die ganz in Gott und aus Gott lebte und ganz für die Menschen da war, die ihr begegneten. Das klingt so selbstverständlich und so schlicht, dass wir leicht übersehen, was sich in diesem Programm tatsächlich verbirgt. Es kann uns gehen wie der Ursuline aus Österreich, die sich eigens auf den weiten Weg gemacht hatte, um mit Sr. Julitta zu sprechen. „Ihre hohen Erwartungen wurden zunächst enttäuscht. Sie hatte sich eine mystisch begnadete Frau ganz anders vorgestellt. Schwester Julitta empfing sie freundlich, deckte ihr den Tisch und ging dann auf ihre Fra-gen ein, ohne ihren Pfortendienst aus dem Auge zu verlieren. Was sie sagte, war alles andere als spektakulär. Erst nach und nach erkannte die Besucherin, dass die einfachen Worte der Pförtnerin ‚total etwas anderes‘ waren, als was man gemeinhin zu hören bekommt. Schritt um Schritt ging ihr auf, wie jedes Wort beseelt war und gelebt wurde und so auch für sie Licht und Hilfe sein konnte.“  Leicht ist es nicht, die völlig andere Welt zu entdecken, aus der und auf die hin Sr. Julitta lebte. Einerseits ganz normal und doch ganz anders!
Darum tut es gut, sich an ihrem Todestag zu treffen und in Erinnerung zu rufen, was sie für uns heute bedeutet. Wie können wir unser Leben glaubwürdig leben, gerade heute in dieser verrückten und verworrenen Welt? Wir leben – im Unterschied zu den meisten Ländern dieser Welt – in einem „Paradies“, haben alles und machen uns das Leben schwer und gehen Anderen auf die Nerven.

Pater Niederschlag bei seiner Predigt am Ambo

Blicken wir zunächst auf das Ende des Lebens von Sr. Julitta! Man sagt: „Wie gelebt, so gestorben!“ Das scheint sich in Sr. Julitta`s Sterben bestätigt zu haben.

Am 29. Sept. 1966 erlitt Sr. Julitta eine Lungenembolie. Dr. Walter Muth, Facharzt für Lungenkrankheiten, riet zu einem Klinikaufenthalt, wo sie genauer unter-sucht und besser behandelt werden könnte. Sr. Julitta lehnte ab. Der Arzt besuchte sie täglich. Später erklärte er: „Vom ersten Arzt-Besuch hatte ich den Eindruck, dass Sr. Julitta ihr Sterben nicht hinausschieben wollte, dass es ihr überhaupt nicht darum ging, dass ihre Lebenszeit verlängert werde, vielmehr musste ich mich davon überzeugen, dass sie mich als Arzt respektiere, meine Tätigkeit gern und dankbar annehme und anerkenne, während sie für sich gleichzeitig unabweichlich dem entgegensah, was – wie von ihr erwartet – auf sie zukam: der Tod, ihr Sterben.“

Für Sr. Julitta war der Tod nicht Ende, sondern der Beginn eines Lebens, in dem sie eintauchen konnte in das Meer der unendlichen Liebe des Dreifaltigen Gottes, die sie schon in ihrem Leben erahnen konnte. Diese Liebe war für sie Quelle einer Dynamik und Kraft, die sie an der Pforte den ungemein starken Andrang von Menschen in vielfältigster Not bewältigen half.

Nun erhoffte sie in ihrem Sterben den Beginn des Festes der Liebe. Als sie am 13. November 1966 den Vormittag im Bett verbracht hatte, setzte sich in der Mittagszeit für eine Weile in den Sessel, las ein wenig und ordnete die Post. Bevor sie sich gegen drei Uhr wieder hinlegen wollte, ging sie etwas umher, sank plötzlich zusammen, wurde aufs Bett gelegt, empfing die Hl. Ölung und starb gegen 15 Uhr. Es war ein Freitag.

Wir fragen heute immer wieder nach dem Lebensstil, der den christlichen von anderen unterscheidet. Wenn wir glaubwürdig leben, strahlen wir aus, was wir nicht bemerken müssen, was aber jene bemerken, die mit uns zu tun haben. Unseren Worten und Taten fehlen häufig die Seele und die Glaubwürdigkeit. Wir machen vielen Worten, die weder in uns noch um uns etwas Nachhaltiges bewirken. Ganz anders bei Sr. Julitta: Mitten in dem Durcheinander der letzten Monate des Krieges und der ersten Jahre danach entfaltete sie eine unglaubliche Kreativität, um den Hunderten und Tausenden von Ausgebombten, Vertriebenen und Geflohenen, von verwundeten Soldaten und verwaisten Kindern und Jugendlichen zu helfen und sie mit dem Allernötigsten zu versorgen und in der Regel mit einem guten Wort aufzurichten und zu trösten. Ihre Energie und Spannkraft schienen nicht zu erlahmen. Sie war für Alle da. Und viele verabschiedeten sich mit großer Dankbarkeit, weil ihnen die schlichte Pfortenschwester Kleidung, Schuhe, Verbandsmaterial und auch ein wenig zu essen und zu trinken gab. Die Begegnung mit den Verwundeten, mit den Obdachlosen und den Verzweifelten war für sie nicht nur Dienst am Nächsten, sondern auch Gottesdienst. Sie sah in ihnen Jesus, der sich nach ihrer Liebe sehnte. Sie hat ihr Äußerstes getan, um diese Sehnsucht zu stillen.

Pater Niederschlag bei seiner Predigt am Ambo

Wer nach der Kraftquelle fragt, aus der sie schöpfte, stößt auf einen schlichten spirituellen Weg, der es in sich hat: Auf das ständige Leben in der Gegenwart Gottes, der uns unendlich liebt. Hier berührte sich ihre spirituelle Erfahrung mit Vinzenz Pallotti, dessen Bild sie auf ihrem Schreibtisch stand. Hier war ihr auch die hl. Teresa von Avila das große Vorbild. Ich bemühe mich seit einiger Zeit auch um diesen Weg und bin erstaunt, was mir aufgeht und wie sich das Gespür in den Alltagsentscheidungen schärft, was ich hier und jetzt unbedingt tun soll und was ich getrost liegen lassen kann, was hier und jetzt dran ist und was nicht. Die Intensität und Kreativität beflügeln und lassen die anfallenden Alltagsaufgaben leichter bewältigen.

Sr. Julitta spürte schon Jahrzehnte vor ihrem Tod eine Sehnsucht nach einer Zeit, in der sie die kraftvolle Dynamik der Liebe des dreifaltigen Gottes erfahren durfte. Sie begab sich bereits gegen drei Uhr nachts in die Kirche des Klosters. In den Stunden bis sechs Uhr durfte sie im Gebet die überwältigende Liebe Gottes er-fahren, die sich in sie ergoss. Die tiefe Gebetsverbundenheit hat ihr die Energie und zugleich die innere Ruhe für die aufregende und aufreibende Arbeit im All-tag geschenkt. Sie war ganz für die Menschen da und ganz offen für Gott. Ihre spirituelle Kunst hat sie selbst auf diese kurze Formel gebracht: „Martha und Maria zugleich“ zu sein.

Ihr Vertrauen auf Gott speiste sich vor allem aus dem Leben, Leiden und Sterben Jesu, der sich aus unfassbarer Liebe für uns hingegeben hat. In seiner Auferstehung öffnet er für uns Alle den Zugang in das wunderbare, herrliche und licht-durchflutete Reich Gottes. Gott liebt auch uns. Er geht alle unsere Wege mit. Aus diesem Glauben und Vertrauen, ganz persönlich geliebt zu sein, hat Sr. Julitta gelebt und Tag für Tag an Kraft gewonnen. Sie wurde nicht müde, jedem und jeder mitzuteilen, dass auch sie von dieser Liebe durchflutet werden, wenn sie sich ihm ganz anvertrauen.

Nicht wenige Zeitgenossen fragen sich in dieser Pandemie, wie es insgesamt mit unserem Leben und Zusammenleben weitergeht. Wird alles wieder so wie vor dem Ausbruch der Pandemie?

Von manchen unserer Zeitgenossen höre ich, dass sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben der Sinnfrage stellen. Was soll das Ganze? Worauf kommt es in meinem Leben eigentlich an? Sie wollen weg von der Hektik und Oberflächlichkeit, suchen nach Quellen der Kraft und entscheiden sich von neuem für ein zutiefst anständiges Leben. Die Zeit der erzwungenen Ruhe und Genügsamkeit wie die jetzige regt dazu an, sich neu zu orientieren.

Das Lebenszeugnis von Sr. Julitta ist schlicht und einfach:
Lebt die Liebe!

Setzt euch ganz für die Menschen.
Geht mit Gott durch den Tag.

Sie bestätigt in ihrem 80 Jahren ihres Lebens die Einsicht von Romano Guardini: „Je länger man lebt, desto deutlicher sieht man, dass die einfachen Dinge die wahrhaft größten sind.“ In diesen einfachen Dingen verbirgt sich die Weisheit des Lebens, die nur den betenden Geistern geschenkt wird, wie es der große Philosoph Peter Wust in seinem Abschiedsbrief an die Studierenden andeutet. Das Gebet macht still, mach kindlich, macht objektiv.

Auf diesem Weg werden wir auch tiefer verstehen, dass wir hier nur Gast auf Er-den sind, hier nur auf dem Weg zu einer Geburt, die uns ein völlig neues Leben eröffnet und uns allmählich von unseren Egoismen befreit und ganz lauter wer-den lässt. Ganz allmählich vollzieht sich in uns die Gottesgeburt, die Julitta erleben durfte und die auch den hl. Bernhard von Clairvaux ausrufen ließ: „Gottverliebt bin ich mir und anderen Liebe!“

 

Sr. Franzeska

Dank von Sr. Franzeska am Ende des Gottesdienstes:

Während dem Gottesdienst spürten alle Teilnehmer/innen eine dichte Gebets-atmosphäre. Sr. Franzeska bedankte sich bei Pater Niederschlag für sein Kommen und für die wertvolle Predigt an diesem Tag und für die wegweisen-den Gedanken, die uns in der kommenden Zeit begleiten und Orientierung sein können.

Leider konnte in diesem Jahr keine Begegnung mit Kaffee und Kuchen stattfinden. Aber in der Hoffnung auf das kommende Jahr 2022 teile ich Ihnen den Termin schon mit:

Der nächste Julitta-Gedenkgottesdienst findet statt:
Samstag, 12. November 2022 um 14:30 Uhr

Mit herzlichen Grüßen aus dem Julitta-Archiv

Sr. Franzeska Moser


Nach dem Julitta-Gottesdienst vom 13.11.2021 kamen einige positive Rückmeldungen von Teilnehmer/innen, denen Sr. Franzeska die Predigt geschickt hatte. Eine dürfen wir hier mit Ihnen teilen:

Herr L. K. schreibt:

Sehr geehrte Sr. Franzeska!
„Herzlichen Dank für die Zusendung der Predigt von Pater Niederschlag.

Es war wieder ein großes Erlebnis für mich am Todestag von Sr. M. Julitta nach Würzburg fahren zu können. War es doch für mich in diesem Jahr ein kleines Jubiläum, denn 1991 durfte ich zum ersten Mal zu Gast in Ihrem Kloster sein. Es war ein Einkehrtag zum 25. Todestag von Sr. M. Julitta, ein großes Erlebnis, das ich nie vergessen werde.

Besonders schön war auch, wie vor zwei Jahren bereits, nicht nur an das Grab, sondern auch an die Särge von Sr. M. Julitta und Mutter Honorine Steimer treten zu können. Ich konnte in diesem Jahr einige Zeit dort alleine bei den großen Frauengestalten verweilen.

Ich grüße auch Sr. M. Veronika im Kloster Maria Hilf.

Hoffen wir, dass im nächsten Jahr am Todestag von Sr. Julitta wieder normalere Zustände herrschen. Wie Gott will.

Herzliche Grüße und im Gebet verbunden,
Ihr dankbarer L.K.“

 

Den vollständigen Bericht zum Download als PDF finden Sie hier.

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